"Don't worry!" - "I am not worried. (I am with you) "






Meine Augen sind halb geschlossen. Ein Kopfhörer ist in meinem rechtem Ohr. Der andere in Khatias linkem. Wir hören deutsche Musik. Regenmädchen von einem unglaublichen Sänger namens Finn. Khatia war in Deutschland, auch als Freiwillige von Brot für die Welt. Sie vermisst deutsche Musik. Ich sehe Lichter auf der dunklen Straße. Es sind die Lichter des Hotels, in dem wir untergebracht sind. Endlich nach über einer Stunde Fahrt sind wir da. Ich bin hungrig und muss auf die Toilette. Langsam weite ich meine Augen. Der Fahrer setzt zum Linksabbiegen an. Dann hör ich ein lautes Signal, ein Hupen, eine Melodie, wie von einem Truck. Ich wende meinen Kopf nach links, will mich umschauen woher diese Tonfolge kam. Ein grelles Licht und etwas riesiges Blaues ist direkt vor mir und kommt trotzdem in einer rasender Geschwindigkeit weiter auf mich zu. Jetzt ist alles vorbei, ist das letzte was ich denke. Dann gibt es einen Knall, einen Aufprall. Glas fliegt um mich herum. Ich versuche mich zu anderen Seite zu drehen. Dann ist alles schwarz.

My eyes are almost closed. Me and Khatia are listening to German music. We are sharing the headphones; each of us has one in our ear. Lights are shining in the end of the dark street. They are the lights from our Hotel. After one hour of driving we finally reached Kachreti. I am hungry and I have to go to toilet. I am opening my eyes slowley. The driver wants to turn left. Then I hear a Signal, a melody. I am turning my head, looking from where it came. Something big blue and very bright is very close to me and still coming towards me very fast. That's it. My life is over, is the last thing I could think of. Then a big bang and collide. Glass is all around me and I am trying to hide my face from it by jumping to the other side of the car. Then everything is black.


Es ist der 12. Oktober, als um 18:40 ein Reisebus in unser Taxi fährt.
Als ich wieder zu mir komme, höre ich Schreie. Khatia ruft mir zu, dass ich blute. Das einzige woran ich denken kann ist, dass ich meinen nagelneuen Pullover anhabe und dieser auf gar keinen Fall schmutzig werden darf. Und Blut geht nicht mehr raus. Ich will mich bewegen. Doch mein Körper reagiert nicht. Meine Augen sind geschlossen und ich liege auf der Rückbank. Niemand ist mehr im Auto. Draußen sind immer noch Schreie zu hören. Leise formen meine Lippen den Namen Salo. Lauter kann ich nicht sprechen. Ich fühle mich wie in einer Ohnmacht. Ein Schmerz auf meiner linken Seite macht sich breit. Mein Herz tut weh. Atmen tut weh. Und dann erscheint sie. Salome. Irgendwie schafft sie es mich aus dem Auto zu hieven. Sobald, ich draußen bin sinke ich auf den Boden in ihre Arme. Stehen kann ich nicht. Mein ganzer Körper zittert. Sie will mich auf den Boden legen, doch mein Pullover würde doch schmutzig werden wenn ich auf der Erde liegen würde. Einige Minuten hält sie mich, dann schiebt mir irgendjemand meine Jacke unter. Jemand bringt Decken. Viele Menschen beugen sich über mich, reden auf mich ein. Ich soll mir keine Sorgen machen, das sei der Schock, das ist ganz normal. Ob ich Schmerzen hätte? Ja, antwortete ich. Meine Seite und mein Kopf. Er fühlt sich an wie ein Luftballon, der kurz vorm platzen ist. Sie versuchen mich zu beruhigen, der Krankenwagen komme ja gleich. Doch dadurch wurde nichts besser. Ich fing an zu hyperventilieren und zu weinen. "Salo.", sagte ich. "Bitte lass mich nicht ins Krankenhaus gehen. Ich will hier im Hotel bleiben. Bitte, ich will nicht in ein georgisches Krankenhaus." Ich zittere, ich versuche es zu kontrollieren, doch ich schaffe es nicht.
Eine andere Insassin war verletzt. Sie blutete mehr als ich, denn die Glasscherben sind nach vorne zu ihr geflogen. Die Zeit vergeht, wie viel weiß ich nicht. Ich atme immer noch schnell. Mir ist bewusst, dass ich einen Schock habe, dass die Panik vorüber gehen wird. Doch trotzdem fühlt sich alles wie ein Traum an. Ein Albtraum. Alles zieht an mir vorbei, Menschen sprechen mit mir, legen beruhigend die Hände um mich. Es sei ja nichts passiert. War denn niemandem bewusst, dass der Bus in mich hinein gefahren war? Dass wir fast gestorben wären? Nachdem ich sicher war, dass mein Pullover sauber bleiben würde, legte sich mein Fokus nun darauf.   Ich wurde wütend. Ich weiß, dass ich einen Schock hatte, weil der Bus direkt auf mich zukam. Hat denn niemand gesehen wie der Unfall passierte? Wie sich später herausstellte, war ich tatsächlich die Einzige, die den Bus noch vor dem Aufprall bemerkt hat. 

12th of October, 6.40pm, was the moment when a travel bus hit our car.
The next thing I remember is that people were screaming all around me. I am bleeding and the only thing I could think of was my new jumper which should not get dirty. I am lying on the back seats with closed eyes and trying to move, but my body refuses. Nobody is in the car and I am trying to talk loudly, but only a whisper: "Salo", is coming out of my mouth. I can recognize some pain on my left side and my head is hurting. And there she is. Salo. I don't know how but somehow she got me out of the car and then I am falling into her arms. I refuse to lie down on earth because of my jumper, but after some minutes someone is putting my jacket under me. Many people are talking to me. You are in shock, they are saying. I know that. If I am in pain? Yes. My head is feeling like a balloon almost before exploding. I shall not worry, the ambulance is coming soon. That is the moment when I am starting to
hyperventilate and to cry:"Salo, don't let me go to a Georgian hospital. I want to stay in the Hotel.". I am shaking and my body just won't stop. Everything felt like a dream. I have no idea how much time has passed. People are carrying for me, all around me, still saying it is the shock. I was getting angry. Didn't anyone see how the bus went in to us? How it was directly in front of me? How we almost died? In the end it turned up that I was the only one who recognized the bus before we collapsed.
angenäht / sewn
Dann kam der Krankenwagen. Ich machte den Notarzt darauf aufmerksam, dass die Seite und auch nur der Platz an dem ich saß, Schäden aufwies. Ebenso wusste ich, dass ich mir nichts gebrochen hatte, nur dass mein Kopf weh tat und meine Rippen wahrscheinlich geprellt waren. Sie nahmen mich trotzdem auf einer Trage mit. Salo und die ebenfalls verletzte Frau kamen mit mir. In der Notaufnahme wurden viele Tests gemacht, aber nichts kam wirklich dabei heraus. Es sei nichts Schlimmes, aber ich sollte 24 Stunden unter Beobachtung da bleiben. Mir wurde für meine Platzwunde ein Verband auf den Kopf genäht. Nicht geklebt. Genäht. Und dann hieß es warten. Eine Infusion und stundenlanges Warten später tat mein Kopf gar nicht mehr so doll weh. Glücklicherweise ist Ucha (Chef von Coalition Homecare in der Johanna gearbeitet hat und Teilnehmer bei der Konferenz) uns nachgefahren. Er ist Arzt und hat mich sehr gut beraten, was ich tun sollte. Einen Eintrag über die Krankenhäuser bzw. das in Ozurgeti habe ich ja schon geschrieben, doch das in dem ich war, war noch "schlimmer". Ich habe mich ziemlich schnell dazu entschlossen, mich selbst zu entlassen und am nächsten Tag nach Tbilisi zu fahren. Marina, meine ehemalige Chefin, hat mich und Salo auch sehr viel telefonisch unterstützt. Nach 8 Stunden des Wartens und 240 Lari weniger, wurde ich endlich entlassen. Zu dem Zeitpunkt hat meine Kreditkarte nicht funktioniert, weshalb mir Ucha das Geld erst einmal ausgelegt hat. 240 Lari sind 80 Euro. Erscheint erst einmal wenig, doch in Georgien ist das sehr viel Geld. Für viele ist das hier ein Monatseinkommen. Die andere Verletzte war schon entlassen worden mit einem riesigen Verband um den Kopf. Es waren glücklicherweise nur äußere Verletzungen. In den 8 Stunden wurde ich auch von einem sehr netten und einfühlsamen Polizisten vernommen, da hatte ich gleich das Gefühl, dass hier Opas Arbeit Früchte getragen hat. Die Familie des Busfahrers kam auch ins Krankenhaus und bat an, meine Kosten zu übernehmen. Doch ich lehnte ab, ich hatte ja eine Versicherung. So etwas wie Schmerzensgeld gibt es hier nicht.


Then the ambulance arrived. I told them, that I am not serious injured. Just some bruises and my head was hurting. Still they were taking us, Salo and another women who was injured on her head as well. After testing a lot of things the diagnose was: Nothing serious but you have to stay for 24 hours for observation. Luckily, Ucha who is working for Coalition Homecare and who is a doctor, was with us. He gave me advices what to do. Without him I have no idea how we would have managed the time in this hospital. Also Marina was there, giving us advices through telephone. So I decided to go the next day to Tbilisi. During 8 hours of waiting the police came to interview me and also the family of the bus driver to offer me money for paying the hospital costs. The police was very friendly and supportive but until today I still don't know whose fault the accident was. The other injured woman was already allowed to leave the hospital. Luckily she had just injuries from outside. Salos head was as well hurting and we both just wanted to go to the hotel. In the end I had to pay 240 Lari, still I have no idea for what. Of course, I didn't had that much money with me so Ucha was paying for me which was an act of kindness I will never forget.

Nachts um 3 kamen wir dann zurück zum Hotel. Ich rief gleich Mama an und wie durch ein Wunder ging sie auch sofort ans Telefon. Mütter haben einfach den 7ten Sinn. Vollkommen erschöpft legten Salo und ich uns ins Bett und versuchten zu schlafen. Nach ein paar Stunden, wenig Schlaf und vielen Albträumen standen wir auf. Wir waren hungrig, unsere letzte Mahlzeit war 20 Stunden her. Als ich mich aufsetzen wollte, fiel ich direkt ins Kissen. Mir war schwindelig. Jetzt wurde mir klar, was das ganze Gefrage vom Vorabend sollte. Im Krankenhaus wurde ich einige Male gefragt, ob mir schwindelig oder schlecht sei. Ich verneinte. Doch am nächsten Morgen hatte ich das Gefühl, als ob ich betrunken wäre, mich ins Bett legen wollen würde und sich alles um mich drehen würde. Dieses Gefühl sollte für die nächsten Tage / Wochen anhalten. Nach einem ausgiebigen Frühstück, wurden Salo und ich nach Tbilisi gefahren, von einer anderen Taxifirma und von ihrem Chef höchstpersönlich.
Geburtstagsfeier /Birthdayparty
Angekommen warteten schon Nini und Shota am Krankenhaus auf uns. Wir hatten eine Telefonnummer von einer angesehenen Neurologin. Sie schickte uns zuerst in die Notaufnahme um dort noch einmal alles abzuchecken. Danach sollen wir aber zu ihr kommen. Nach einigen Tests wurde mir gesagt, es sei alles gut und in 3 Tagen solle ich dann zum Neurologen gehen um noch mal alles abzuchecken. Mir wurden 3 Ibuprofen 400 mg verschrieben. 140 Lari. Diesmal legte Shota aus. Das Gehen fiel mir sehr schwer, alles drehte sich und mir war übel. Wie mir 3 Ibuprofen für die nächsten 3 Tage helfen sollten, war uns ein Rätsel. Salomes Familie nahm mich auf. Dort lag ich im Bett und wurde rund um die Uhr verwöhnt. In der Nacht waren wir beide von Albträumen umgeben. Salo und später Nini weckten mich regelmäßig nachts auf, weil ich im Schlaf weinte oder zitterte. Leider war an dem Samstag Ninis sowie Shotas Geburtstag,den wir eigentlich zusammen feiern wollten. Wir hatten geplant ins Bassiani feiern zu gehen, Tickets waren schon gekauft. Jeder der mich kennt, weiß dass ich trotzdem gehen würde,egal wie krank ich bin. Doch in diesem Fall war es einfach nicht möglich. Dafür luden wir sie zusammen mit Khatia und ihrem Mann Giorgi auf ein Essen ein. Wir bzw. die anderen kochten und redeten und lachten. So,dass es doch noch ganz schön wurde.
Around 3 o'clock in the night we went back to the hotel where I was calling my mum. It was like a wonder that she was answering the phone. Mothers just have the 7th sense. After that we tried to sleep, which was almost impossible because we had both nightmares. These nightmares I had in the beginning every night so that Salo and later Nini had to wake me up during the night. Now they are still there but just sometimes. The next morning I wanted to get up but fell directly back in to bed. I was dizzy. It was like the feeling when you are drunk and lying down and everything is turning. This feeling also stayed with me for a couple of days/weeks.  After eating breakfast we were picked up by a taxi, this time another company and its boss himself.

We went directly to a hospital in Tbilisi where Nini and Shota were already waiting for us. We had the contact of the neurologist there but she sent us first to the Emergency room just to check everything again. After doing that they told us that everything is fine and that I have to go to the neurologist after 3 days. Until then they gave me three Ibuprofen 400mg. The next three days I stayed with Salo, I couldn't move. I was dizzy and I had nausea the whole time while not doing anything. Salo even washed my hair because I couldn't do it by myself. Her whole family was carrying for me in an amazing way.
Sadly the next day Nini and Shota had birthday. We planned already everything, going to Bassiani and so on. Everyone who knows me knows that I am going to a birthday party no matter what. But in this case I really couldn't and I feel still very sorry about it. We decided to cook something for them, Khatia, her husband Giorgi, Salome and me. I was more watching than cooking, but we had a nice evening with Nini and Shota.

Als die drei Tagen um waren, gingen wir, Nini, Salo und ich, wieder zum Arzt. Diesmal direkt zur Neurologin, die uns gleich fragte,warum wir denn nicht Freitag da gewesen wären. Als wir antworten, dass die Notaufnahme uns weggeschickt hätte, flippte sie regelrecht aus. Es sei ja nicht normal, dass man nach einem Autounfall, bei dem man am Kopf getroffen wird,nicht zum Neurologen geschickt werde. Sofort rief sie in der Notaufnahme an und beschwerte sich. Dann begann die Untersuchung. Diagnose: Schädel Hirn Trauma. Sie sagte die Symptome seien normal, nur dass ich schwächer wäre, als ich sein sollte. Zudem hatte ich Fieber bekommen, von dem sie nicht wusste woher es kam. Das Fieber hat zwei Wochen gebraucht bis es auf normale Temperatur gesunken ist. Sie verschrieb mir 8 verschiedene Medikamente für die nächsten drei Wochen. Diesmal legten Nini und Salo das Geld aus.
Besuch von meiner alten Gastfamilie aus Tbilisi Eka und Ani /Visit from my old host family in Tbilisi Eka and Ani
Danach blieb ich bei Nini in der Familie, die mich genauso verwöhnten wie schon bei Salo. Die Medikamente schlugen schnell an. Bei dem Arztbesuch zwei Tage später ging es mir schon besser. Auch meine Fäden wurden gezogen. Bis Sonntag solle ich in Tbilisi bleiben, danach könne ich mit dem Zug nach Hause fahren. So geschah es dann auch.
Ohne Nini und Salo und deren Familien weiß ich nicht was ich gemacht hätte. Sie haben mir nicht nur mit Geld, sondern und vor allem mit ihrer Gastfreundschaft, Fürsorge und Liebe geholfen. Meine Dankbarkeit für diese wundervollen Menschen in meinem Leben ist unbeschreiblich.

Als ich dann die Rückfahrt antrat, war es schon traurig Auf Wiedersehen zu sagen. Und sie sagten zu mir ein weiteres Mal, wie so oft, während des Unfalls, der Zeit im Krankenhaus und so weiter: "Don't worry." Und ich antwortete wie aus einem Reflex heraus: "I am not worried." und dann fügte ich hinzu "I am with you."

After three days, we went to the neurologist who was really mad at the doctors in the emergency room because they were not sending us directly to her. She told me that my symptoms are normal, just that I am weaker than I was supposed to be. Additional to that I had temperature, which she couldn't explain where it came from. This stayed with for two weeks. She gave me 8 different medicaments for each day, for the next three weeks.
After this I stayed with Nini and her family. They hosted me as good as Salos did. And on this point I have to say again thank you. Without this two girls, I have no idea what I would have done. They helped me in every way a friend could have helped. I have no words for the things they did for me and I can just say: Thank you, Thank you, Thank you. 
Two days later the doctor said that I can go home after Sunday and that my stitches can be removed. So on Sunday I packed my stuff and went with the train back home. Saying goodbye was quite hard because our friendship was even stronger.  In the end they said, once again as they said many times before (during the accident, in hospital, after my nightmares..) : "Don't worry." and I answered as I always did : " I am not." and then I added: "I am with you."
Jetzt,zwei Monate später,sind nur noch die Albträume, der Schwindel wenn ich mich drehe (beim Tanzen kann ich noch nicht 100% mitmachen), die Angewohnheit nicht mehr hinten links im Auto zu sitzen und eine gewisse Angst bei Überholvorgängen oder Linksabbiegen geblieben. Und was noch viel wichtiger ist: Eine noch engere Freundschaft mit Nini und Salo.

Now two month later only the nightmares, the dizziness while turning (e.g. when I am dancing), the habit not to sit on the left side back in a car and to be a bit afraid while overtaking another car or turning left is still with me. But most important: My friendship to two amazing girls is even deeper than it was.

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